Interview mit Valerio Iurato

Daniel Hochreiter, 08.07.2024

Daniel Hochreiter Eine persönliche Frage gleich zu Beginn: Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Tänzer bzw. in weiterer Folge Choreograf werden wollten? Gab es einen „Tanzmoment“, der Sie inspiriert hat?

Valerio Iurato Das ist eine sehr schöne Frage, die mir schon oft gestellt wurde und die ich mir auch selbst sehr oft stelle. Die Wahrheit ist, dass ich in eine „tanzende Umgebung“ hineingeboren wurde. Meine Mutter und andere Mitglieder meiner Familie sind in der Tanzbranche tätig. Daher bin ich, solange ich denken kann, immer von Musik, TänzerInnen, Kostümen, Bühnenbildern etc. umgeben. In Bezug auf meine Entscheidung, Choreograf zu werden, kann ich vielleicht etwas sicherer sein, da ich in der Anfangsphase meiner Tanzkarriere entdeckte, dass ich mehr daran interessiert war, meine eigene Arbeit zu kreieren, als selbst zu tanzen. Aus diesem Grund habe ich mich immer dazu gedrängt, so viele Tanzstile wie möglich zu studieren, um mein tänzerisches Vokabular für meine eigenen Choreografien zu erweitern.

Ihre eben erwähnte „tanzende Umgebung“ war in Sizilien. Sie wurden dort geboren, haben in Ravenna und Madrid studiert und sind nach verschiedenen anderen internationalen Stationen 2015 nach Linz gezogen. Hand aufs Herz: Hatten Sie Linz zu dieser Zeit auf Ihrer persönlichen Landkarte?

Ehrlicherweise hatte ich Linz nicht am Schirm (lacht). Ich war auch mit der Tanzszene in Linz nicht sehr vertraut, bis ich 2015 von der Audition im Landestheater hörte. Genau in diesem Zeitraum waren meine Frau und ich auf der Suche nach einer neuen Tanzkompanie. Also haben wir beschlossen, in ein Flugzeug zu springen und es zu versuchen. Und mittlerweile sind wir schon seit 9 Jahren in Linz und wir lieben es.

Sie hatten letztes Jahr Ihr Debüt bei den OÖ. Stiftskonzerten und Ihr Stück MITHYA war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen war es das erste Mal in der 50-jährigen Geschichte der OÖ. Stiftskonzerte, dass der Tanz eine künstlerische Rolle spielte. Und zum anderen war die Aufführung nach Vivaldis 4 Jahreszeiten durch Fabio Biondi und Europa Galante so berührend, dass sie schon jetzt einen wohlverdienten Platz im kollektiven Gedächtnis der OÖ. Stiftskonzerte hat. Wie würden Sie Personen, die im letzten Jahr nicht dabei waren und vielleicht eher selten zu Tanzperformances gehen, Ihren Stil beschrieben?

Wenn ich ein Wort sagen müsste, um meinen Stil zu beschreiben, würde ich definitiv sagen: Eklektisch. Wie ich bereits erwähnt habe, setzt sich mein Hintergrund aus sehr unterschiedlichen Stilen zusammen, wie z. B. zeitgenössischer Tanz, Ballett, argentinischer Tango, Ballroom, Hip-Hop und lateinamerikanische Tänze. Und all diese verschiedenen Tanzstile tragen zu dem Endprodukt bei, das meinen eigenen Stil definiert. Außerdem möchte ich hinzufügen, dass ich in jeder meiner Arbeiten immer versuche, ein perfektes Gleichgewicht zwischen der technischen und emotionalen Seite zu finden, ohne das eine dem anderen vorzuziehen. Die Technik und die Emotion sollen miteinander verschmelzen.

Und danke für Ihre Wort zu MITHYA. Es war auch für uns eine unglaubliche Erfahrung und ich muss mich auch für diese großartige Chance und das Vertrauen bedanken. Ich fühle mich sehr geehrt, dieses Jahr zum zweiten Mal dabei sein zu dürfen und nicht nur ein weiteres Werk von mir präsentieren zu können, sondern mich auch selbst von den unglaublichen KünstlerInnen und Orten des Festivals inspirieren zu lassen.

Wie wichtig ist in Ihrer Arbeit die Verbindung zwischen Körper und Raum? Möchten Sie diese Verbindung eher hervorheben oder dagegen ankämpfen und brechen?

Der Konnex zwischen Raum & Körper ist absolut grundlegend für mich. Ich beziehe meine Bewegungen immer auf den Raum, in dem die Performance stattfindet. Ich finde, dass ein und dieselbe Aufführung sowohl beim Tänzer als auch beim Publikum ein anderes Gefühl hervorrufen kann, je nach dem Raum, der sie umgibt. Und wenn ich bei bestimmten Gelegenheiten beschließe, ihn zu ignorieren oder gegen ihn anzukämpfen, ist das immer noch eine absichtliche Handlung, die dazu dient, den Raum dennoch als ein Element der Stärke für die Aufführung zu nutzen.

Gleiche Frage, anderes Paar: Wie steht es mit der Verbindung zwischen dem Körper und der Musik?

Die Musik ist die Hauptinspirationsquelle für meine Bewegungen. Sobald ich mich für die richtige Musik für mein Stück entschieden habe, lasse ich meinen Körper einfach von ihr bewegen und von da an kommen alle meine Inspirationen und Ideen zu mir, als ob sie schon da wären und nur darauf warten, abgerufen zu werden.

Am 12. Juli werden wir die Premiere von DUSK im Bernardisaal erleben, begleitet von Benedict Mitterbauer an der Viola. Wie läuft die Zusammenarbeit und was können wir erwarten?

Seit der ersten Begegnung fand ich die Zusammenarbeit mit Benedict sehr inspirierend. Es ist ein kreatives Ping-Pong: Er kam mit Vorschlägen, die aus seiner Sicht passen könnten. Aber gleichzeitig war er auch völlig offen, meine Ideen auszuprobieren. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber es wird auf jeden Fall spannend und das Publikum darf sich freuen! (grinst)

Wir sind schon sehr gespannt und ich bedanke mich für das Gespräch!

Ich danke!

DUSK – ein performativer Nachklang

Inszenierung: Valerio Iurato ∙ Musikalische Umrahmung: Benedict Mitterbauer

12. Juli· ca. 21.30 Uhr · Bernardisaal · Stift Schlierbach

Inspiriert von der barocken Kunst des Bernardisaals wird der Choreograf Valerio Iurato ein Werk inszenieren, das die zeitlose Erhabenheit dieser Architektur mit seinem eigenen Empfinden in der Gegenwart verbindet: Es ist jener unvergleichliche Augenblick des Schwebens, wo das Gefühl des fast rücklings Fallens auf einem Schaukelstuhl den Puls des Herzens in der Kehle spüren lässt und das Adrenalin mit beinahe überwältigender Intensität durch jede Faser des Körpers rauscht. Für einen kostbaren, flüchtigen Moment scheint die Zeit stillzustehen. Und man spürt, dass man mit allem, was einen umgibt, ganz eins wird.

Der Eintritt ist frei, begrenzte Anzahl von Sitzplätzen!

-> Nach dem Konzert Emmanuel Tjeknavorian · Benedict Mitterbauer · Jeremias Fliedl

Valerio Iurato

Valerio Iurato · Foto: Kayla May Corbin